Spontan
drehte sie sich um, ging zurück in den Buchladen und kaufte den Roman
über Meta. Irgendetwas sprach sie an, nachdem sie die erste Seite gelesen
hatte. Schließlich war Sarah auch nicht mehr die Jüngste. Und Aaron,
meine Güte, wie lang es doch her war, dass sie einander zuletzt gesehen
hatten. Zwanzig Jahre?
„Mindestens",
flüsterte sie und trat auf die Straße. Der eisige Wind ergriff ihren
Mantel, sie raffte ihn enger um sich und eilte zur Straßenbahn.
Daheim
schlug sie Metas Geschichte auf, nachdem sie Tee gekocht hatte und sich in
ihren abgewetzten Lehnsessel geschmiegt hatte.
Es
klopfte an der Tür.
„Ja,
doch", rief Meta.
Aus
dem Klopfen wurde lautes Trommeln. „Mach schon auf, verdammt, soll ich
mir den Arsch hier draußen abfrieren?"
Vorsichtig
stand sie auf, warf die Decke auf den flammenden Kerzenständer und hinkte
zu Tür, sie musste sich das Knie durch die dumme Bewegung verstaucht
haben.
Hersin
stieß Meta beinahe um, so heftig stürzte er herein. „Ein Bär, Meta,
ein Bär ist hinter mir her!" Er rollte die Augen panisch und schob
den schweren Eisenriegel vor die Tür.
Sarah
nippte an ihrem Tee. Ihr Blick schweifte zum Bild oberhalb des Kamins.
Aaron. Auch er war ein ungestümer junger Kerl gewesen, damals. Das große
Schwarz-weiß Foto zeigte ihn in Bergausrüstung, das Seil um die Schulter
gelegt, in der Hand einen Eispickel vor einem Schneehang. Der Anorak war
rot gewesen, zu seinen blonden Locken hatte das prächtig gepasst,
erinnerte Sarah sich. Und sein umwerfendes Lachen! Heute noch hatte sie es
im Ohr. Einen Augenblick schloss sie die Augen, fühlte seinen heißen
Atem an ihrem Hals. „Wir werden drei Kinder haben eines Tages",
sagte er, „so schön wie du, so wild wie ich."
Im
Kamin platzte ein Scheit mit einem Knall, sie wendete sich wieder der
Geschichte zu.
..4.12..
©
Elsa Rieger