Erid
wanderte bis zum Einbruch der Dunkelheit. Die Spuren vor ihm hielten so
wie er selbst die Richtung zum rosaroten Schimmer am Ende des Tals.
Mittlerweile war er mit Hope aus dem Wald wieder auf eine baumfreie Ebene
gelangt. Vorausschauend sammelte Erid ein Bündel Holz, schulterte es. Die
Welpen schliefen ungerührt immer noch in der Wärme seiner Jacke. Der
Schnee war, obwohl in der Dämmerung die Kälte anzog, pappig. Die
Schneeschuhe schienen sich am Boden festzusaugen, jeder Schritt eine Mühsal.
Erid blieb müde stehen. „Na, Hope, wollen wir für heute Feierabend
machen?“ Er ließ sich zu Boden sinken und betete, dass ihm es wie
Samira gelänge Feuer zu machen.
Sanft
setzte er Faith und Life zu Boden. Sie gähnten mit einem Jaulen,
streckten und beutelten sich, hüpften um Hope herum, die sich lang
ausgestreckt hatte.
Aus
einer Innentasche zog Erid ein Stück des Zunderschwamms, das er in einem
ledernen Säckchen wie seinen Augapfel hütete. Aus einer anderen Tasche
holte er den Feuerstein und den Markasit. Bisher hatte Erid selten
Gelegenheit gehabt, das Feuermachen zu üben. Samira beherrschte die
Kunst, in wenigen Minuten den Zunder zum Brennen zu bringen. „Na, dann
wollen wir mal.“ Sorgfältig legte er einen kleinen Klumpen der
Zunderfasern auf ein Häufchen dünner Äste, um die Erid ein paar größere
Zweige geschichtet hatte. Dann spuckte er in die Hände und schlug die
beiden Steine dicht über dem Zunder schleifend aufeinander. Ein paar
Funken sprangen, jedoch nicht genug. Bald schnaufte Erid vor Anstrengung,
ihm wurde sogar heiß. Ob vor Wut oder wegen der Mühe wusste er nicht so
genau. „Scheißdreck!“, brüllte er schließlich. Hope stellte die
Ohren auf und knurrte. „Ja, ist schon gut, meine Schöne. Man wird ja
noch ein wenig fluchen dürfen. – Mist, verfluchter! Ein Königreich für
ein paar lächerliche Zünder!“ Der Rücken schmerzte von der gebückten
Hockerei, mir einem weiteren Wutschrei stand Erid auf, streckte sich
durch.
„So
geht das auch nicht.“
Wie
von der Tarantel gestochen fuhr er herum, veriss sich dabei das Kreuz,
vergaß den Schmerz und erstarrte.
Sie
sah beinahe aus wie Irin. Sein Herz schlug hart, er glaubte das Pochen hören
zu können. „Wer bist du?“ Seine Stimme klang heiser.
„Miriam.“
Hoch
wölbte sich ihr Bauch unter dem Cape hervor. Offensichtlich bemerkte sie
seinen Blick. „Gut, dich nun an meiner Seite zu haben, Und jetzt machen
wir Feuer.“ Sie kauerte sich breitbeinig hin. Während sie die Steine
schlug, dass große, helle Funkensterne auf den Zunder sprangen, starrte
Erid sie immer noch an. Dunkle Locken quollen aus der Kapuze, ihre Nase
war schmal, darunter volle Lippen. Hohe Wangenknochen, ein Grübchen am
Kinn. Schon flackerten die Fasern, die Zweige und in wenigen Minuten
brannten auch die dicken Äste an. Miriam kam nicht allein hoch, sie fiel
auf den Hintern, sah zu Erid auf und streckte den Arm aus. „Willst du
mir nicht helfen?“
Er
stolperte auf sie zu und stellte sie auf die Beine. „Wo kommst du
her?“
Sie
wies mit dem Daumen hinter sich.
„Und
wo willst du hin?“
„Zum
Licht des Lebens. Ich war auf dem Weg, dann hörte ich einen brüllen wie
vom Affen gebissen“, sie grinste Erid an, „Ich kehrte um, fand dich.
Nun bin ich froh, die Nacht nicht allein ... es treibt sich allerhand
herum hier.“
Die
Welpen zupften an Miriams Cape. „Scht, wollt ihr wohl aufhören“,
sagte sie und raffte den Saum.
Erid
sah sich nach allen Seiten um. „Was meinst du?“
„Manche
wollen das Licht auslöschen.“
Er
half Miriam in eine angenehme Sitzhaltung, angelehnt an seinen Rucksack.
Sie seufzte, es klang dankbar.
„Was
ist das Licht des Lebens?“, fragte er.
Das
Feuer knackte und prasselte wohltuend. Hope legte ihre Schnauze auf
Miriams Schuh, blieb liegen und die jungen Wölfe krochen unter ihren
Rock.
„Lange
vor der Katastrophe wurde in diesem Tal ein Komplex errichtet, in dem es sämtliche
Einrichtungen gibt für den Fall, dass es einmal einen Crash geben könnte.
Natürlich wurde das Projekt geheim gehalten. Es sollte den sogenannten
Oberen Zehntausend zur Verfügung stehen, um ihr Leben zu sichern. Die
Mutanten möchten es vernichten.“
Erid
kaute auf seinem Streifen Speck herum.
„Schluck
endlich, der ist schon Brei.“
Folgsam
würgte er den Bissen hinunter. „Wieso weißt du davon?“
„Mein
Vater war einer der Entwickler.“ Sie verzog das Gesicht, griff sich auf
den Bauch.
„Geht
es los?“ Erid sprang auf, fuhr sich durchs Haar.
Doch
Miriam schüttelte den Kopf. „Nur eine kleine Wehe. Aber bald. Und dann
möchte ich dort sein.“
„Werden
wir denn hinein gelassen?“
„An
meiner Seite schon.“ Sie lächelte.
Seine
Augen streiften über ihren Leib. „Wer ist der Vater deines Kindes?“
..24.12..
© Elsa
Rieger