Erid
hockte in seiner Erdhöhle, es tropfte von der Decke
ins Feuer. Bei dem Gedanken, dass über ihm eine dicke Schneedecke lag und
keine Aussicht auf Veränderung bestand, schüttelte er sich.
Sein
Holzvorrat ging dem Ende zu, was bedeutete, er musste spätestens Morgen
nach oben gehen. Fintenreich hungrigen Wölfen ausweichen auf der Suche
nach Brennmaterial, das dann feucht war und ewig brauchte, bis er damit
heizen konnte. Er stöhnte, wenn er daran dachte. Kratzte sich zwischen
den dreckigen Zehen. Morgen würde er auch einen Eimer Schnee hereinholen,
um eine Katzenwäsche zu veranstalten. Sein Erdbunker stank schon nach
ihm. Er rümpfte die lange Nase.
Die
Winter wurden immer länger. Jetzt musste ungefähr Anfang Dezember sein
– heutzutage konnte man mit acht Monaten Winter rechnen. Dabei war er
ein absoluter Sonnenanbeter gewesen, der die Hitze liebte. Missmutig
betrachtete er seine glanzlose braune Haut. Von der Decke bröselte Erde
auf seinen Kopf herunter. Da marschierten die Bisons wieder über ihm
hinweg. Die Horde stampfte, alles vibrierte. Hoffentlich brach die
Felsdecke nicht eines Tages ein. Sie würden ihn kurzerhand zertrampeln.
Erid griff nach seinen Nussvorräten und klopfte ein paar Walnüsse mit
einem Stein auf. Das Beben hörte auf und er seufzte erleichtert.
Um
Musik zu hören, bestieg er das Rad, das den Generator antrieb. Während
er gegen den Muskelschwund radelte, lauschte er ergriffen Mozarts Requiem.
Er hatte einige Schallplatten und seinen Plattenspieler hierher geschafft.
Es war ein großer Aufwand gewesen, viele Nächte war er unterwegs gewesen
zwischen seiner Wohnung in der zerstörten Stadt und diesem Platz, der
kilometerweit entfernt lag.
Die
Höhle hatte Erid durch Zufall beim Wandern entdeckt. Damals lag der
Eingang offen. Jetzt hatte er ihn mit Steinen getarnt. Aber immer, wenn er
hinaus musste, überfiel ihn die Angst, ob sein Bau noch unbewohnt war,
wenn er zurückkehrte oder eingestürzt. Bisher hatte er Glück gehabt.
Der
letzte Satz war zu Ende. Erid stieg vom Rad, legte sich auf sein Bett aus
Decken, blies die Kerze aus.
Am
Morgen rüstete er sich, um auf Holzsuche zu gehen. Vielleicht lief ihm
ein Schneehase über den Weg, den er fangen konnte. Die Nüsse hingen ihm
schon zum Halse raus. Er räumte den Steinhaufen beiseite, der das Loch
tarnte und kroch nach draußen. Das gleißende Weiß ließ Erids Augen
tränen. Er schlüpfte in die Riemen, die seine Schneeschuhe auf den
Stiefeln hielten und machte sich auf den Weg.
Die
Sonne verwandelte das vor ihm liegende Feld in Millionen Glitzerkristalle.
Bei dieser Helligkeit würden die Wölfe wohl kaum aus dem Wald
herauskommen, um ihn zu jagen. Vorsichtig näherte Erid sich dem
Waldesrand. Keinesfalls hatte er vor, tiefer hineinzugehen, aber das
Bruchholz hier war nur spärlich vorhanden.
Er
wagte sich zwei Meter tiefer zwischen die Bäume, die Umgebung nicht aus
den Augen lassend.
Deswegen
übersah Erid eine Fichtenwurzel und verfing sich mit dem Schneeschuh
darin, knallte der Länge nach hin. Als er aufstehen wollte, knickte der
Knöchel weg. Den Schmerzensschrei unterdrückte er, biss sich auf die
Lippen. Ängstlich blickte er in die Tiefe des Waldes, aber es war alles
still geblieben. Er hinkte aufs Feld hinaus – wahrscheinlich hatte er
sich ein Band im Knöchel gezerrt und blinzelte in der Helligkeit.
Plötzlich hielt er an. Am Horizont war ein merkwürdiges rötliches
Leuchten zu sehen, wo sonst das Blau des Himmels mit dem Schnee eine Linie
bildete.
..2.12..
© Elsa Rieger