1. Dezember 2006

 

 

 

 

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Erid hockte in seiner Erdhöhle, es tropfte von der Decke ins Feuer. Bei dem Gedanken, dass über ihm eine dicke Schneedecke lag und keine Aussicht auf Veränderung bestand, schüttelte er sich.

Sein Holzvorrat ging dem Ende zu, was bedeutete, er musste spätestens Morgen nach oben gehen. Fintenreich hungrigen Wölfen ausweichen auf der Suche nach Brennmaterial, das dann feucht war und ewig brauchte, bis er damit heizen konnte. Er stöhnte, wenn er daran dachte. Kratzte sich zwischen den dreckigen Zehen. Morgen würde er auch einen Eimer Schnee hereinholen, um eine Katzenwäsche zu veranstalten. Sein Erdbunker stank schon nach ihm. Er rümpfte die lange Nase.

Die Winter wurden immer länger. Jetzt musste ungefähr Anfang Dezember sein – heutzutage konnte man mit acht Monaten Winter rechnen. Dabei war er ein absoluter Sonnenanbeter gewesen, der die Hitze liebte. Missmutig betrachtete er seine glanzlose braune Haut. Von der Decke bröselte Erde auf seinen Kopf herunter. Da marschierten die Bisons wieder über ihm hinweg. Die Horde stampfte, alles vibrierte. Hoffentlich brach die Felsdecke nicht eines Tages ein. Sie würden ihn kurzerhand zertrampeln. Erid griff nach seinen Nussvorräten und klopfte ein paar Walnüsse mit einem Stein auf. Das Beben hörte auf und er seufzte erleichtert.

Um Musik zu hören, bestieg er das Rad, das den Generator antrieb. Während er gegen den Muskelschwund radelte, lauschte er ergriffen Mozarts Requiem. Er hatte einige Schallplatten und seinen Plattenspieler hierher geschafft. Es war ein großer Aufwand gewesen, viele Nächte war er unterwegs gewesen zwischen seiner Wohnung in der zerstörten Stadt und diesem Platz, der kilometerweit entfernt lag.

Die Höhle hatte Erid durch Zufall beim Wandern entdeckt. Damals lag der Eingang offen. Jetzt hatte er ihn mit Steinen getarnt. Aber immer, wenn er hinaus musste, überfiel ihn die Angst, ob sein Bau noch unbewohnt war, wenn er zurückkehrte oder eingestürzt. Bisher hatte er Glück gehabt.

Der letzte Satz war zu Ende. Erid stieg vom Rad, legte sich auf sein Bett aus Decken, blies die Kerze aus.

Am Morgen rüstete er sich, um auf Holzsuche zu gehen. Vielleicht lief ihm ein Schneehase über den Weg, den er fangen konnte. Die Nüsse hingen ihm schon zum Halse raus. Er räumte den Steinhaufen beiseite, der das Loch tarnte und kroch nach draußen. Das gleißende Weiß ließ Erids Augen tränen. Er schlüpfte in die Riemen, die seine Schneeschuhe auf den Stiefeln hielten und machte sich auf den Weg.

Die Sonne verwandelte das vor ihm liegende Feld in Millionen Glitzerkristalle. Bei dieser Helligkeit würden die Wölfe wohl kaum aus dem Wald herauskommen, um ihn zu jagen. Vorsichtig näherte Erid sich dem Waldesrand. Keinesfalls hatte er vor, tiefer hineinzugehen, aber das Bruchholz hier war nur spärlich vorhanden.

Er wagte sich zwei Meter tiefer zwischen die Bäume, die Umgebung nicht aus den Augen lassend.

Deswegen übersah Erid eine Fichtenwurzel und verfing sich mit dem Schneeschuh darin, knallte der Länge nach hin. Als er aufstehen wollte, knickte der Knöchel weg. Den Schmerzensschrei unterdrückte er, biss sich auf die Lippen. Ängstlich blickte er in die Tiefe des Waldes, aber es war alles still geblieben. Er hinkte aufs Feld hinaus – wahrscheinlich hatte er sich ein Band im Knöchel gezerrt und blinzelte in der Helligkeit. Plötzlich hielt er an. Am Horizont war ein merkwürdiges rötliches Leuchten zu sehen, wo sonst das Blau des Himmels mit dem Schnee eine Linie bildete.

..2.12..

© Elsa Rieger

 

 
 

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  Stand: 15.12.2006