Ein
Polizist betrat die Pizzeria. Er nahm seine Mütze ab und begrüßte die
Wirtin. Dann zog er ein Stück Papier aus der Tasche. Oder war es ein
Foto? Die beiden unterhielten sich. Herma konnte nicht verstehen, worum es
ging, denn die Stimmen gingen in der Musik von Eros Ramazotti unter, die
aus einem Lautsprecher drang.
Die
Wirtin schüttelte den Kopf. Der Polizist steckte das Papier wieder ein,
setzte seine Mütze auf und verabschiedete sich.
„Der
wollte bestimmt nur Pizza für die Kollegen vorbestellen." Willi
stocherte in der Lasagne herum, die noch immer Blasen warf. Herma verzog
den Mund zu einem schiefen Grinsen. Dann schnitt sie ein Stück ihrer
Pizza ab. Der Käse zog lange Fäden, als sie den Bissen zum Mund führte.
Mitten in der Bewegung hielt sie inne.
„Da
isser ja", flüsterte sie. Urplötzlich stand Paul Becker an der
Theke.
„Wer?"
Willi ruckte mit dem Kopf herum.
„Nicht
so auffällig! Mann, mit dir kann man keine verdeckten Ermittlungen
führen."
„Ich
hab Urlaub. Ich will meine Ruhe." Missmutig kaute er auf den Nudeln.
„Becker
heißt er."
Willi
schaute sie verständnislos an.
„Dem
ich das Tuch zurückgegeben habe."
„Schmeckt
komisch", sagte er, ohne auf ihre Bemerkung einzugehen.
Herma
warf ihm einen ungeduldigen Blick zu.
„Das
Tuch gehört Francesca. Die Tasche und die Kette wahrscheinlich Ruth. Oder
nur die Kette? Außerdem gibt es noch diesen Bruder. Den mit dem
Rennpferd. Ob das der Giovanni ist, der Ruth geschrieben hat?", sagte
sie mehr zu sich selbst.
„Ich
weiß nicht, wovon du redest. Iss lieber!"
„Ach,
Willi, Willi."
Paul
Becker verschwand in der Küche. Jedes Mal, wenn ein Kellner durch die
Schwingtür ging, erhaschte Herma einen Blick auf Becker und den drahtig
aussehenden Wirt, die sich dicht gegenüber standen. Einige Haarsträhnen
hingen Becker in die Stirn. Von oben herab redete er auf den Wirt ein, der
wild mit den Händen gestikulierte.
Schließlich
stieß Becker die Tür mit beiden Händen auf, sodass sie mehrmals laut
hin und her schlug. Den Blick starr geradeaus gerichtet, stürmte er aus
der Pizzeria.
„So
vornehm wie heute Morgen isser nicht mehr." Herma sprach mit vollem
Mund. Auf einmal schob sie den Teller ein Stück von sich weg.
„Ich
fahr ihm nach. Gib mir die Autoschlüssel."
„Was?
Du hast zuviel Miss Marpiss gesehen."
„Marple,
heißt sie, Willi." Herma grabschte nach dem Schlüssel. Dann lief
sie erstaunlich schnell zum Wagen. Beckers Mercedes bog soeben auf die
Hauptstraße. Herma quetschte sich hinter das Lenkrad und startete. Sie
warf einen Blick aus dem Seitenfenster. In diesem Moment brauste ein
dunkelblauer Kombi an ihr vorbei. Hinter dem Steuer saß der Wirt der
Pizzeria.
„Hier
ist ja was los." Herma folgte den beiden Fahrzeugen quer durch
Drochtersen. Ein Straßenschild wies den Weg zum Elbstrand.
Schließlich
hielt der Mercedes an einem Dünenweg. Der Kombi parkte unmittelbar
dahinter. Herma bremste am Straßenrand. Becker stapfte den Weg zu einem
Hof hinauf. Er beachtete den Wirt nicht, der italienisches Zeug brabbelnd,
hinter ihm herlief.
Herma
stieg aus. Was sollte sie jetzt machen? Dann straffte sie die Schultern
und ging den Männern in gebührendem Abstand nach. Sie spürte ihren
Herzschlag bis hinauf zur Halsschlagader.
..
Folge 10 ..