Zwei
Minuten später bog Paul Becker auf die Kreisstraße nach Krautsand ab. Am
Ortsrand von Drochtersen trat er aufs Gaspedal und raste mit 120 die
schnurgerade Straße entlang. Die Alleebäume flogen an ihnen vorbei.
Nicht einmal an der Einmündung der Seglerstraße, wo die Straße eine
Kurve machte, bremste er ab. Im Gegenteil beschleunigte er danach noch
mehr.
Gleich
darauf kam ihnen ein Polizeiauto entgegen.
„Verdammt!"
Becker stieg auf die Bremse, aber es war zu spät.
Der
Streifenwagen wendete und folgte ihnen mit eingeschalteter Sirene. Becker
fuhr auf den Randstreifen und hielt. Im Rückspiegel beobachtete er, wie
die beiden Polizisten ausstiegen und ihre Dienstmützen aufsetzten. Sein
Blick ging zu ihren Gürteln – keine Pistolen; einfache Dorfpolizisten.
Mit denen würde er fertig.
Der
Beifahrer umrundete Beckers Wagen und kam dann zur Fahrerseite. Der andere
blieb vor dem Wagen stehen; so einfach, wie er sich das gedacht hatte,
würde er nicht weiterfahren können.
Becker
ließ die Scheibe herunter. „Was kann ich für Sie tun?"
„Sie
haben es wohl besonders eilig!" Der Polizist musterte erst ihn, dann
runzelte er die Stirn und beugte sich vor. „Sie, Signora Pavarese?"
Rosita
lächelte und beugte sich ebenfalls vor. „Herr Becker ist so nett, mich
zum Elbstrandrennen mitzunehmen. Mein Bruder fährt dort heute auch."
Der
Polizist stützte sich mit dem Ellenbogen auf den Fensterrahmen. „Tatsächlich?
Und das nach dem Unfall. Der hat Mumm, der Junge. – Aber kein Grund, so
schnell zu fahren." Er blickte zu seinem Kollegen und tippte Becker
auf die Schulter. „Ihre Papiere bitte. Das waren mindestens hundert
Sachen. – Dieses Rennen ist erst am Nachmittag."
Becker
zog seine Brieftasche aus der Jacke, die hinter ihm am Haken hing. „Sie
irren sich. Jedenfalls können Sie es nicht beweisen." Er gab dem
Polizisten Ausweis und Führerschein.
„Die
Wagenpapiere auch."
Auch
das noch. Zum Teufel, wo war Francesca? „Er gehört meiner Frau. Die hat
auch den Fahrzeugschein."
Der
Polizist ging mit den Papieren zum Streifenwagen. Augenscheinlich gab er
das Kennzeichen durch.
„Mach
was! Er kennt dich doch."
Rosita
kniff die Augen zusammen. „Für was hältst du mich?" Kaum
verhüllte Wut schwang in ihrer Stimme mit.
Becker
fluchte. „So habe ich das nicht gemeint." Er hämmerte mit dem
Handgelenk auf den Fensterrahmen und verfolgte dabei im Rückspiegel
weiter jede Bewegung des Polizisten.
„Du
hast selbst gesagt, sie können dir nicht beweisen, wie viel du zu schnell
gefahren bist."
Er
grunzte entnervt. „Sagst du für mich gut?"
Der
Polizist kam zurück und gab Becker die Papiere. „Sie hören von
uns." Dann beugte er sich wieder halb ins Wageninnere. „Signora,
sagen Sie Ihrem Bruder, er soll auf sich aufpassen. Und vor allem die
Räder an seinem Rennwagen gut festschrauben."
Er
zog sich zurück; Becker packte ihn blitzschnell am Arm. „Was sagen Sie
da?"
Der
Polizist blickte auf seine Hand und bewegte den Arm, als schüttele er ein
lästiges Insekt ab. „Scheint wohl, als hätten sich die Räder nicht
nur aufgrund des Zusammenstoßes gelöst. Aber da müssen Sie schon den
Sachverständigen fragen. Oder den Staatsanwalt, der die Akte jetzt auf
seinem Tisch hat." Er tippte sich zum Gruß an die Mütze. „Und
Sie, fahren Sie schön langsam, wenn Sie zum Rennen kommen wollen."
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Folge 32 ..