Giovanni
schlüpfte in den Trainingsanzug. Auf dem Weg zur Tür ergriff er den Helm
und die Lederhandschuhe, die auf einem Schränkchen im Flur lagen.
„Hey,
steh!" Giovanni trat hinaus und sah noch wie Alfredo das Pferd
kräftig gegen die Brust boxte.
„Lass
ihn in Ruhe", sagte Giovanni. „Das Zeug macht ihn nervös."
„Er
hat vorgestern das letzte bekommen."
„Wirkt
eben lange nach. Vielleicht brauchen wir es heute gar nicht."
„Red
keinen Scheiß. Der soll gewinnen. Außerdem weißt du genau, dass dieses
Rennen der letzte Testlauf vor Hamburg ist. Wenn’s klappt, sind wir fein
raus."
Giovanni
wandte sich dem Pferd zu, das auf den Vorderbeinen tänzelte. Sanft strich
er ihm über die Nase.
„Ich
hoffe, er nimmt keinen Schaden."
„Neuerdings
Skrupel? Der Schlag auf den Kopf scheint schlimmer gewesen zu sein, als
wir dachten." Alfredo grinste.
Idiot,
dachte Giovanni. Möchte wissen, was wirklich in deinem Kopf vorgeht. Und
in Ruths.
Er
setzte den Helm auf und zog die Handschuhe über. Das feine Leder
schmiegte sich passgenau an seine Finger. Er warf noch einen prüfenden
Blick auf die Leinen, dann setzte er sich mit dem Hengst Richtung
Elbstrand in Bewegung.
„Bis
später."
Von
weitem schallten Musik und Lautsprecheransagen zu ihm herüber. Don Vento
spielte mit den Ohren.
„Das
kennst du, nicht wahr? Klingt nach Sieg." Giovanni ließ die Leinen
locker auf dem Rücken des Pferdes liegen.
Wohl
war ihm nicht bei dem Gedanken an den Nachmittag. Insgeheim hatte er sich
geschworen nur noch dieses eine Rennen zu fahren. Aber wenn es klappte?
War er dann nicht dumm, alles hinzuwerfen?
Dann
würden sich nur andere die Taschen voll stopfen.
Besser
dachte er jetzt nicht darüber nach. Zunächst musste er dieses Rennen
hinter sich bringen.
Giovanni
nahm die Leinen ein wenig auf und schnalzte leise. Don Vento fiel in einen
lockeren Trab.
Herma
und Christel schlenderten über den Platz. Zahlreiche Frauen trugen auf
ihren Köpfen fantasievolle Gebilde, verziert mit bunten Tüchern, Federn
und Glitzersteinen zur Schau.
„Gegen
diese Konkurrenz willst du antreten?" fragte Christel und drückte
ihren Hut ein Stück tiefer ins Gesicht.
„Warum
nicht? Schließlich kommt es nicht alleine auf den Hut an, sondern auch
auf die Präsentation." Herma streckte ihre mächtige Brust vor. Mit
einer gezierten Geste strich sie an der Krempe entlang.
Christel
lachte. „Du bist ne Marke."
„Aber
gegen die da haben wir Null Chancen." Christel deutete mit dem Kopf
in Richtung einer eleganten Frau, die sich auf den Arm eines Mannes
stützte. Auf ihrem schwarzen, aufgesteckten Haar saß ein rosefarbener
Sommerhut mit einem Schleier, der ihre Stirn verdeckte. Eine dunkle
Sonnenbrille warf einen Schatten über ihr Gesicht.
„Sieht
geheimnisvoll aus, was?"
Herma
antwortete nicht. Sie hatte nur Augen für das mit Glitzersteinen besetzte
Herz, das in der Halsgrube der Frau lag.
..
Folge 31 ..