Das
Blut schoss ihr bis in die letzten Windungen der Ohren. Das passierte
immer, wenn sich Helma ertappt fühlte. Sie zupfte am Tuch und zog es über
ihre Warnsignale.
„Sie
müssen sich da wohl irren.“ Ihre Worte kamen hastig. Sie blickte direkt
in sein Gesicht und wunderte sich selbst über ihre Dreistigkeit. Dann
schob sie sich schnell an ihm vorbei Richtung Campingplatz.
„Ich
rufe die Polizei.“
Helma
blieb stehen und hörte hinter sich die Tasten seines Handys klicken. Sie
drehte sich um und räusperte sich. „Woher soll ich wissen, dass Sie
mich nicht anlügen?“
“Es ist ein Designerstück. Ein Geburtstagsgeschenk von mir.“
Seine
Augen schimmerten plötzlich nass. Helma zog ihre Lippen nach oben. Sie
hasste sentimentale Männer. Bevor dieser Herr es tatsächlich noch wagen
sollte, eine Träne hinauszudrücken, zerrte sie lieber das Tuch herunter.
„Hier!“
„Sehen
Sie“, er knotete die Enden auf und schniefte dabei. „FB – Francesca
Becker. Ich habe Sie nicht angelogen.“ Er zeigte auf die Mitte des
Seidentuches.
„Francesca?“
Sie betrachtete die Initialen, die dezent in einer Rose versteckt waren.
Das „B“ hätte sie auch als „R“ lesen können.
„Mein
Name ist Paul Becker.“ Er deutete eine Verbeugung an.
„Ich
übernehme das Strandhotel.“
Helma
starrte noch immer auf die Buchstaben. „Hat ihre Frau noch einen zweiten
Namen, Ruth vielleicht?“ Sie kratzte sich am Kinn und holperte dabei über
ihre Warze.
„Wie
kommen Sie darauf? Meine Frau ist Italienerin. Ruth ist kein südländischer
Name.“
„Und
wo ist ihre Frau jetzt?“
„Das
wüsste ich gerne von Ihnen.“ Das Graublau seiner Augen verwandelte sich
in die dunkle Farbe von Schlick. Helma spürte ein Kribbeln im Nacken.
Seine Gegenwart wurde ihr unangenehm. Sie warf einen Blick zum
Kotterbachsee. Willi war nicht zu erblicken.
„Ich
habe es gefunden. Dort.“ Sie zeigte zu den Büschen. „Ihre Frau hat es
wohl verloren. Sie freut sich sicher, wenn sie es wiederhat. So ein schönes
Stück.“ Helma versuchte ein Lächeln. „Tschüs, ich muss jetzt.“
Sie
wandte sich um und lief zuerst langsam, dann immer schneller zum
Campingplatz. Ihre Hand umschloss dabei fest die Badetasche. Erst jetzt
fiel ihr auf, dass er danach gar nicht gefragt hatte. Wahrscheinlich gehörte
sie Ruth, wer immer das auch war. Helma blieb stehen und drehte sich um.
Paul Becker war verschwunden.
Sie
holte den Zettel aus der Tasche. „Giovanni“, murmelte sie vor sich
hin. Auch ein südländischer Name. Sie stieß ein Grunzen aus.
„Italiener auf Krautsand.“ Sie schnippte mit den Finger. „Na klar!
Willi hat von diesem neuen Lokal in Drochtersen erzählt. Eine Pizzeria.
„La Via“ oder so ähnlich.“ Da musste sie hin.
Zufrieden
stieg sie in den Wohnwagen und öffnete den Kühlschrank. Labskaus war
noch übrig. Sie hatte Willi versprochen, ihn aufzuwärmen. Mit einer
Pizza konnte sie ihn nicht locken, lieber verhungerte Willi. Sie musste
sich was einfallen lassen. Nur was?
...
Folge 4 ...
© Sonja B-.Hoffmann