„Pavarese?"
Giovanni
stand an einer Telefonsäule und hielt sich die Telefonmuschel ans Ohr.
Die
Stimme aus dem Apparat klang blechern.
„Graziano,
ich hatte mit Don Vento einen Unfall."
"Unfall?
Madonna, hat sich Don Vento verletzt? Weiß Ruth davon?"
Seine
Stimme überschlug sich. Bestimmt saß Graziano mit einer Zigarre zwischen
seinen wulstigen Lippen auf seiner Terrasse, lediglich mit einer Short
bekleidet, die schwarz behaarten Beine auf dem Tisch überschlagen.
Vermutlich hatte er trotz der frühen Tageszeit schon mehrere Brandy
hinuntergekippt. Aber sei´s drum. Er besaß Geld, viel Geld und er war
bereit, für Don Vento ein kleines Vermögen auszugeben.
„Nein,
er ist unverletzt und …", er dachte an Ruth, die sich wegen dem
Rennen erst um ihn Sorgen gemacht und nun gegenüber Alfredo auf seinen
Start beharrt hatte. Er begriff sie nicht. „Ich habe Ruth nicht
gesehen."
„Das
verstehe ich nicht. Sie war schon vor einer Woche gefahren, sollte sich
sofort bei Ihnen melden, wenn Sie ankommen. Sie hat das Geld dabei, aber
nur, wenn diesmal alles glatt geht. Ich kaufe keinen Verlierer. Sie
verstehen."
Giovanni
schluckte. In ein paar Stunden war der Start und Don Vento wirkte zuvor im
Stall immer noch sehr nervös. Wenn er galoppierte, war er
disqualifiziert.
„Was
wollten Sie eigentlich, Pavarese?"
„Zeit"
hätte Giovanni gerne geantwortet, aber die hatte ihm Graziano schon das
letzte Mal gegeben als Don Vento plötzlich im Training nachließ.
„Was
ist, Pavarese? Wollen Sie aufgeben?"
„Ist
Vincenzo bei Ihnen. Ich habe ihn nicht erreicht", log Giovanni.
„Vincenzo
ist bei Ruth. Die sind ein unzertrennliches Team. Dafür bezahle ich sie
schließlich."
„Dann
muss ich wohl versuchen, Sie hier zu erreichen."
„Sie
wollte ins Parkhotel"Stader Hof."
„Ich
rufe sofort dort an."
„Informieren
sie mich!" Er hustete.
Giovanni
verabschiedet sich und legte auf.
„Francesco,
ich muss weg!" Rosita schrie Richtung Küchentür und marschierte mit
Rolf Becker zu dessen Wagen. „Ich komme mit, weil es mein Bruder ist und
Sie ohnehin nichts bei ihm erreichen werden."
Rolf Becker nickte.
„Nicht
dass ich das glaube, aber man weiß ja nicht." Sie öffnete die Tür,
verharrte jedoch und starrte zur anderen Straßenseite. Ein blonde Frau
schaute herüber. Sie kam ihr bekannt vor. Irgendwo hatte sie sie schon
mal gesehen.
„Kennen
Sie die?" Sie zeigte mit einer Kopfbewegung zu ihr.
Rolf
Becker zuckte mit den Schultern. „Schon mal gesehen. Ich glaube,
Francesca kennt sie. Ja, bei irgendeinem Rennen standen die Beiden
beieinander. Gar nicht so lange her. Francesca wollte unbedingt Giovanni
bei seinem Rennen sehen und muss sich mit der furchtbar gestritten haben.
Ich hatte sie noch gefragt, aber sie hat mich nur angefunkelt. Neija,
interessierte mich auch nicht weiter."
„Komisch,
dass die hier ist. So berühmt ist das Elbrennen nun auch wieder
nicht." Rosita stieg ein. Die Blonde hatte sich zur Seite gedreht und
unterhielt sich wild gestikulierend mit einem Mann. Sie verdeckte ihn mit
ihrer Statur, so dass Rosita nicht sehen konnte, wer es war.
„Fahren
Sie schon", sagte sie schließlich zu Rolf Becker, der an seinem Gurt
hantierte.
Der
Motor heulte auf. Die Unbekannte verabschiedete sich und stieg in den
Ferrari, der an der Straßenecke parkte.
Alfredo?
Ungläubig starrte Rosita hinüber. Nun erkannte sie ihn. Warum war er
nicht bei Giovanni?
„Wie
viel Uhr ist es?"
„Kurz
nach elf."
„In
knapp eineinhalb Stunden starteten die Minitraber und im Anschluss die
Erwachsenen. Giovanni startet im 6. Rennen. Der Preis ist von Kaulitz &
Lindemann dotiert."
„Kaulitz
& Lindemann? Die Wirtschaftsprüfer und Steuerberater?
„Kennen
Sie die?"
„Ja,
wegen dem Strandhotel. Ich habe mich betriebswirtschaftlich beraten
lassen."
„Merkwürdige
Zufälle." Rosita schüttelte den Kopf. „Los jetzt."
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Folge 29 ..