„Herma,
ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist." Die breite Krempe von
Christels Strohhut wippte im Takt ihrer kleinen Schritte. Zum wiederholten
Male blies sie sich das rotgrün karierte Band, das einen Bund
Apfelblüten fixierte, aus ihrem Gesicht. Ihre Wangen leuchteten in einem
kräftigten Rot. Schließlich blieb Christel stehen. „Ich kann nicht
mehr." Ihre mächtige Brust hob und senkte sich in langen Atemzügen.
Herma humpelte weiter. „Mach schon, Christel. Ich stell mich auch nicht
so an und mein Knöchel tut weh, das kannst du glauben."
„Warum
muss ich mit, Herma? Wir gewinnen ohnehin nicht mit unseren altmodischen
Töpfen." „Die müssen nicht modern sein, Christel, sondern
fantasievoll."
„Mit
diesem Kraut da oben …", sie hob den Kopf und wieder fegte das Band
durch ihr Gesicht, „werde ich allenfalls ausgelacht."
„Blödsinn,
die jungen Dinger tragen so was am Strand. Das siehst du überall und
meinen Hut hat Königin Elisabeth schon getragen."
Christel
ließ skeptisch ihre Augen über Hermas blaue Schüssel streifen.
„Jedenfalls
so einen ähnlichen", korrigierte sich Herma.
„Findest
du nicht, dass das albern aussieht? Kurt dachte, das sei ein
Fliegennetz."
„Schleier
sind elegant. Kurt hat keine Ahnung."
„Willi
auch nicht."
„Willi
sieht mich auch nicht."
"Zum
Glück, Herma."
„Jetzt
komm Christel, lass uns nicht streiten. Wir müssen doch rechtzeitig da
sein, um uns anzumelden."
Christel
stieß einen lauten Seufzer aus und setzte ihren voluminösen Körper
wieder in Gang, blieb aber gleich wieder stehen. „Warum willst du
gewinnen?"
„Der
erste Preis sind Karten für die Siegesfeier nach dem Rennen und da will
ich unbedingt dabei sein. Nun komm schon." Herma hakte sich unter und
zog Christel weiter. Dabei vergaß sie völlig das Stechen in ihrem
Knöchel.
"Aber
früher hast du dich doch auch nicht für Pferderennen interessiert."
"Christel,
bitte! Wenn wir dort sind, erkläre ich dir alles."
Von
weiten hörten Herma und Christel bereits Durchsagen über Lautsprecher.
Je mehr sie sich dem Elbstrand näherten, desto deutlicher wurde die
Betriebsamkeit, die an ein kleines Volksfest erinnerte. Hinter Bäumen
schossen Kinder hervor, die kreischend bunte Luftballons in die Höhe
hielten und von allen Seiten spazierten Paare oder ganze Personengruppen
dem Strand entgegen.
Herma
deutete zur rechten Seite die freien Blick zur Elbe gewährte. Ein
Festzelt war aufgebaut und Volksmusik dröhnte zu ihnen herüber. „Dort
ist die Kasse, Christel. Wirst sehen, jetzt lohnt es sich schon, dass du
so aufgedonnert bist. Mit festen Schritten, als hätte es nie eine
Verletzung am Bein gegeben, stolzierte Herma auf die Kasse zu, blieb
stehen und sagte zu dem jungen Mann , der an einem meterbreiten Tisch
saß: „Zwei Erwachsene mit Hut."
Der
junge Mann grinste, schaute an Herma vorbei, der keuchenden Christel
entgegen und erwiderte: „Nett! Also zwei Erwachsene, das sind 10,--
Euro."
Herma
tippte an ihre Kopfbedeckung. „Wir machen am Hutwettbewerb mit, bekommen
wir da nicht einen billigeren Eintritt?"
„Fünf
Euro, das ist billig genug."
Christel
nickte.
„Ich
dachte …" Herma kramte in der gestreiften ‚’Badetasche, die sie
bewusst mitgenommen hatte, und holte ihre Geldbörse hervor.
„Bitte!
Komm Christel!" Herma zog Christel an Polizei und Rettungswägen
vorbei Richtung Wettbüros, die um die Rennbahn verteilt aufgestellt
waren.
Christel
warf einen sehnsüchtigen Blick zum Zelt, aus dem es nach Kaffee duftete.
„Herma,
wollen wir nicht ein Stück Torte…?"
"Später,
Christel. Erst anmelden."
Herma
ließ ihren Blick über den Platz schweifen. Auf einer Hüpfburg tobten
die Kinder, und von den Buden her roch es nach verbrannten Fett. Ein
dunkelhaariger Mann stand mit Rücken zu ihr gedreht in einer
Menschenmenge, die an einem Grill anstand. Das könnte doch dieser
Italiener sein.
„Ich
habe Hunger, Herma."
"Was
hältst du von einer Bratwurst, Christel?" Herma fixierte der Mann.
„Ich lade dich ein."
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Folge 26 ..