Ferieninsel Krautsand - 15 -

 

 

 

 

Home
Nach oben
Mitglieder
Veröffentlichungen
Schreibwerk-"zeug"
Disclaimer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Seltsame Leute waren das hier. Einer hatte sie in den Stall gebracht und war anschließend mit dem Auto weg gefahren. Ein anderer trabte an ihr vorbei, als wäre er blind und taub. Als hätte er ihr Hupen nicht gehört! Das Wort Hilfe hatten die wohl noch nie gehört. Herma versuchte es noch einmal und startete den Motor. Nichts zu machen. Das Auto steckte im Schlamm fest. Sie lehnte den Kopf an und schaute in die grauen Wolken. Verdammt und zugenäht, in was für eine Scheißsituation hatte sie sich da gebracht? Neun Uhr vorbei war es schon. Ein nettes Theater mit Willi stand ihr bevor. Doch da musste sie durch.
Nur wie hier wegkommen? Sie öffnete die Autotür. Nein, nicht schon wieder durch diesen verdammten Schlamm. Da fiel ihr ein, dass sie in einer Ecke des Kofferraums ein paar alte Joggingschuhe für alle Fälle deponiert hatte. Sie schob sich weg vom Lenkrad über die Handbremse auf den Beifahrersitz. Dabei spürte sie nicht nur wieder den lädierten Knöchel, sondern auch den ziehenden Schmerz im rechten Handgelenk. Mit der linken Hand hielt sie sich an der Sitzlehne fest und wuselte sich halb zwischen und halb über den Vordersitzen nach hinten. Sah sie ja keiner hier. Ein Glück, dass sie wegen der neuen Campingstühle die Abdeckklappe im Vorzelt stehen hatten. So konnte sie auf den Knien hockend vom Rücksitz aus in den Kofferraum greifen und sich die Plastiktüte angeln.
Mit den festen Schuhen an den Füßen fühlte sie sich gleich wohler. Sie stieg aus und verschloss das Auto. Dann ging sie hinunter auf die Hauptstraße, von der aus sie hier eingebogen war. Als sie am Straßenrand stand, machte sie eine Feststellung, die ihr fast den Atem verschlug. Wenn nicht alles so traurig gewesen wäre, hätte sie laut gelacht. Es war die gleiche Stelle, an der sie heute Nachmittag diesen Köter am Halsband den zwei Männern übergeben hatte.
Sie trottete den Weg, den sie heute schon einmal gegangen war, nur mit dem Unterschied, dass sie jetzt mit großer Mühe das Humpeln unterdrücken musste und dass nicht Willi vor ihr ging.
Der saß im Wohnwagen vor dem Fernseher und machte ein Gesicht, das nichts Gutes erwarten ließ. Half ja alles nichts. Sie probierte den Weg nach vorne und reichte ihm den Autoschlüssel. Er steckte ihn wortlos in die Hosentasche.
„Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe, hätte dich ja auch angerufen, aber ich kann dir alles erklären."
Er reagierte nicht und guckte weiter in die Glotze.
„Wie bist du denn jetzt hierher gekommen?"
„Gelaufen, wie sonst?"
„Mann, tut mir das leid."
„Schnack nich rum und lass mich in Ruhe."

Das war wohl nichts. Herma ging in die Waschkabine und machte sich bettfertig. Die verletzten Stellen kühlte sie mit einem nassen Tuch und rieb sie anschließend mit Sportgel ein. Hoffentlich gab es keine Schwellungen.
„Ich bin schlagskaputt und gehe ins Bett. Morgen ist auch noch ein Tag. Dann erzähle ich dir alles ganz genau. Gute Nacht, Willi."

Mit dem nassen Tuch in der Hand humpelte an ihm vorbei in die Schlafkoje und zog den Vorhang hinter sich zu.

.. Folge 16 ..

© Renate Hupfeld

 
 

 Copyright © 2005
  Stand: 25.07.2007