Ziellos
fuhr Giovanni durch den Ort. War es Zufall, dass die Camperin neuerdings
ständig in seiner Nähe auftauchte? Er mochte diese Art Frauen nicht. Zu
sehr erinnerte sie ihn an seine Kinderzeit in einem der ärmeren
Stadtviertel Perugias. An die Tratschweiber, die in den engen Gassen
herumsaßen. Drall, neugierig, schlicht im Geiste. Er dankte der Mutter
Gottes, dass er diese Zeit hinter sich lassen konnte. An der Küste
Kampaniens hatte sein Leben erst richtig begonnen.
Giovanni
ließ Drochtersen hinter sich. Er trat auf das Gaspedal, der Wagen
beschleunigte. Viel zu schnell brauste er über die Landstraße, die
Richtung Stade führte. Doch das war ihm egal.
In
den letzten Wochen ging sowieso alles schief. Genau genommen seit dem
Streit mit Ruth. Giovanni lehnte sich an die Kopfstütze, die Ellenbogen
durchgedrückt. Er vermisste sie. Besonders ihr Lächeln, das immer ein
wenig spöttisch wirkte. So als würde sie über ihn lachen. Und den edlen
Duft von Prada, den sie verströmte. Nicht zuletzt ihre Klugheit. Sie
forderte ihn heraus, weckte seinen Ehrgeiz. Er brauchte sie.
Wenn
Lupo hier war, konnte Ruth nicht weit weg sein. Wieso reagierte sie nicht
auf seine Anrufe? Oder kam zum Hof? Dies war schließlich nicht ihr erster
Streit. So unversöhnlich wie dieses Mal kannte er sie nicht. Er seufzte.
Bis zum Rennen fehlte ihm die Zeit, nach ihr zu suchen, um die Dinge zu
klären. Don Vento benötigte Training. Trotz des Medikaments. Plötzlich
schlug Giovanni mit dem Handballen mehrfach auf das Lenkrad.
„Maledetto!"
Das Medikament. Er war ein solcher Idiot. Setzte diese neugierige Person
in den Stall. Dahin, wo der Koffer mit dem Doping-Mittel stand. Genauso
gut hätte er ihr sofort eine Gewinnbeteiligung anbieten können.
„Alfredo
wird mich umbringen." Giovanni raste zurück nach Drochtersen. Als er
in die Seitenstraße bog, die zum Hof führte, stand der Wagen der
Camperin noch immer am Straßenrand. Langsam fuhr er näher. Er sah die
Frau hinter dem Lenkrad sitzen. Wartete sie etwa immer noch darauf,
abgeholt zu werden?
„Merda."
Giovanni legte den Rückwärtsgang ein und fuhr in die Parallelstraße. Er
parkte und ging den steilen Dünenweg zu Fuß hoch.
Als
erstes schaute er in den Stall. Don Vento streckte den Kopf über die
Stalltür und schnaubte.
„Na,
mein Alter." Der Koffer stand unberührt an der Stelle, an der er ihn
zurückgelassen hatte. Giovanni warf einen prüfenden Blick hinein.
Nichts
fehlte. Erleichtert atmete er aus.
„Dann
komm, an die Arbeit." Er legte dem Hengst das Trainingsgeschirr an.
Sofort tänzelte Don Vento auf der Stelle.
„Ruhig,
Alter. Gleich kannst du laufen." Giovanni spannte ihn an, setzte sich
auf den Sulky, schnalzte kurz und das Pferd setzte sich in einem
zackeligen Schritt Richtung Elbstrand in Bewegung.
Auf
einmal ertönte dicht hinter ihnen lautes Hupen.
„Hallo,
können Sie mir mal helfen!"
Don
Vento riss den Kopf hoch, sprang nach vorne und galoppierte panisch die
Straße entlang.
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Folge 15 ..