Erid
ging weiter und horchte. Er wagte noch nicht sich umzudrehen. Zu groß war
seine in den Jahren antrainierte Furcht. Nur keine Angst zeigen, die
Feinde witterten die Angst. Gleichzeitig flammte in ihm die Gewissheit
auf, dass hinter ihm keine Gefahr lauerte und er wunderte sich, dass er
dieses Gefühl nach all den Jahren der Hoffnungslosigkeit noch erkannte.
Hope
folgte ihm knurrend, widerwillig und berührte sein Bein. Langsam drehte
sich Erid um und sah das Stapfen: In einer Linie folgten ihm eine handvoll
Gestalten in aufrechtem Gang. Sie waren von Kopf bis Fuß in Felle
gehüllt, es war nicht zu erkennen ob es sich um Steinzeitmenschen,
Menschen aus Erids Jahrhundert oder Fabelwesen handelte, ob Männlein oder
Weiblein. Als Erid seinen Schritt verlangsamte, wurden auch sie langsamer,
beschleunigte er, beschleunigten auch sie.
Hope
knurrte noch immer. Erid verharrte und versuchte sie zu beruhigen, strich
ihr durch das warme Fell, das Tier zitterte darunter aufgeregt. Hinten
summten die Gestalten in tiefen Tönen, so tief, dass die Töne Erid in
den Eingeweiden erfüllten, aber sie näherten sich nicht. Hope
schnupperte und zerteilte mit ihrer Schnauze den Schnee vor sich. Dann
grub sie mit den Vorderbeinen. Der Schnee flog in alle Richtungen, sie
grub immer heftiger und versank bald ganz im Loch. Erid wartete, den
Hoffnungsstern fest im Griff. Eine unterirdische Höhle? Eine Quelle, ein
Durchgang ins Land der Sonne? Erid lächelte und drehte sich zu den
summenden Gestalten um. Sie hatten sich auf Äste gestützt, ihre
Gesichter waren fast vollständig von Haaren und Fellen geschützt, Erid
konnte nur dumpfe Augen entdecken. Augen, ohne jede Hoffnung, Augen aus
denen gelber Saft tropfte. Die Äste gaben den Gestalten den letzen Halt,
damit sie nicht umsackten und im Schnee für immer einschliefen.
Erid
befiel Panik. Seine Kraft reichte nicht für zehn. Seine Vorräte hatte er
in der Höhle gelassen. Er würde zehn Wesen beim Sterben zu sehen
müssen, und Hope grub gerade das Grab. Das war schlimmer als die Jahre
der Einsamkeit in der Höhle. Das war der Blick in die Hölle.
Aus
den Tiefen der Schneegrube hörte Erid Hopes Fiepen. Es steigerte sich zu
einem Bellen, bis Erid herunterstieg und sehen konnte, warum die Wölfin
genau hier zu graben begonnen hatte: