3. Dezember 2006

 

 

 

 

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Er beendete seinen Ausflug in die Gedankenwelt, stand auf und ging beladen mit dürren Ästen den Weg zurück zu seiner Höhle. Plötzlich hörte er ein Rascheln. Schnell duckte er sich hinter einen Felsvorsprung, legte die Zweige, ohne viel Geräusch zu verursachen, auf den Boden. Ängstlich wagte er einen Blick hinüber zum Tannenwald. Die Bäume waren längst nicht mehr grün. Vertrocknet, abgestorben standen sie dicht aneinander gereiht und bildeten einen düsteren Kontrast zum Schnee. In der Ferne machte Erid einen Schatten in dem rot leuchtenden Panorama aus. Er kniff die Augen zusammen, damit er besser erkennen konnte, was sich auf ihn zu bewegte. Ein Wolf! Angespannt drückte er sich näher an den Stein und hoffte, der Wolf hätte seine Spur nicht aufgespürt. Er fror, versuchte seine Hände zu reiben, die Zehen zu bewegen. Unendlich lang kam ihm die Zeit vor.

Soll ich mich trauen, nochmals hinüber zu schauen? Er beugte sich vor. Erschrak und fiel rückwärts in den Schnee. Der Wolf stand unmittelbar vor ihm und taxierte Erid aus seinen grünen Augen. Dieser schluckte heftig, spürte seinen schnellen Herzschlag. Minuten vergingen, bis er wagte sich aufzurichten. Der Wolf ging einen Schritt zurück, legte sich in den Schnee. Der weiße Boden färbte sich rot. Erst da bemerkte Erid, dass der Wolf verletzt war.

Hatte er mich aufgespürt, dass ich ihm helfe? Er kramte in seinen Erinnerungen: Wurden verwundete Wölfe aus dem Rudel ausgestoßen? Er war sich nicht sicher, es war lange her, zuviel in den Jahren an Grausamkeiten passiert, die Einsamkeit hatte ihn vergessen lassen. Ohne weiteres Nachdenken stand er auf, ging langsam auf den Wolf zu und kniete sich neben ihn. Der Wolf legte sich auf die Seite, schnaufte heftig dabei. Am Bauch erkannte Erid eine größere Wunde.
"Ganz ruhig, wir gehen zu meiner Höhle. Steh auf!" Er selbst erhob sich, spürte einen dumpfen Schmerz in seinen Zehen und einen Stich im Knöchel. Der Wolf blieb mit geschlossenen Augen liegen. Erid erkannte, dass die Augäpfel sich hastig hin und her bewegten.

Dann bückte er sich, schob seine Hände unter das Tier und hob es hoch.

"Das Holz kann ich später holen." Er beobachtete den Wolf, als würde er eine Reaktion erwarten.

Auf den letzten Metern kam es ihm vor, als würde der Wolf an Gewicht zunehmen. In die Knie gedrückt schaffte Erid es, ihn in die Höhle zu tragen und legte ihn auf einen mit Stroh bedeckten Platz. Schnell zündete er mit den verbliebenen Hölzern ein Feuer an, holte Schnee und ließ ihn in einem Topf über dem Feuer schmelzen. Als das Wasser heiß genug war, zerriss er ein Laken, tauchte es hinein und wusch die Wunde des Tieres aus. Der Wolf öffnete die Augen, stöhnte, versuchte sich zu bewegen, doch wurde sogleich wieder bewusstlos. Getrocknete, heilende Kräuter legte Erid ihm aufs Fell, wickelte den Rest des Laken fest um seinen Bauch. Erst jetzt betrachtete er das Tier in seiner gesamten Länge. Das Fell war gräulich, ein Weibchen.

Ein schönes Tier!, dachte er und streichelte den Nacken der Wölfin. Auf einmal stieß er auf einen harten Gegenstand. Er beugte sich tiefer, schob das Fell leicht auseinander. Etwas Rotes schimmerte ihm entgegen. Es hing an einem Lederband. Vorsichtig öffnete er den Knoten, zog es unter der Wölfin hervor, ging zum Höhleneingang, um es besser erkennen zu können. In seiner Hand lag ein Sternförmiger roter Stein, er glitzerte wie der Himmel zuvor in der Ferne. Er hielt den Anhänger höher ins Licht und erschrak. Es kam ihm vor, als würde sich in seinem Inneren etwas bewegen. Abgesehen davon waren Buchstaben darauf eingraviert. Er kniff die Augen zusammen, um es entziffern zu können. Langsam las er:

H o f f n u n g s s t e r n.

Was hatte das zu bedeuten? Ein roter Hoffnungsstern? Wurde früher nicht immer gesagt die Hoffnung sei grün? Und wie lange war es her, dass dieses Wort einen Wert hatte? Hoffnung! Pah, dachte Erid, schob den Stein in die Hosentasche, ging zurück in die Höhle, sah nach dem Tier, das mit gleichmäßigen Atemzügen schlief. Dann machte er sich auf den Weg, um das Feuerholz zu holen.

..4.12..

© Sigrid Wohlgemuth

 

 
 

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  Stand: 15.12.2006