„Samira,
was hast du getan?“, stammelte Erid.
Doch
Samira blickte durch ihn hindurch. Die klaren Augen verloren ihren Glanz.
Ihr Gesichtsausdruck war vollkommen ruhig und zufrieden. Gleichzeitig
schien sie in sich zu versinken, wenn nicht sogar zusammenzufallen.
Erid
überkam eine heftige Angst. Wochenlang waren sie der Hoffnung
nachgelaufen, hatten das Vertrauen gefunden -
er hatte das Vertrauen gefunden, doch wozu? Ein glanzvoller
Augenblick und alles löste sich in dem Moder auf?
Was
hatte der Geruch zu bedeuten?
„Samira,
wer ist vereint?“, fragte er.
Ein
kindliches Erstaunen rüttelte Samira auf.
„Du
weißt nach wem ich gesucht habe“, antwortete sie.
„Aber
was nützt es uns, wenn deine Enkelin mit den Monstern vereint ist! Auch
wenn sie mit ihren Eltern zusammen sein kann, du hast die Kraft der Sterne
verschenkt!“ Auf einmal war es Erid klar. Das hatte der Geruch nach
Moder zu bedeuten: Sie versuchten nicht nur alle Menschen anzustecken,
sondern auch die Hoffnung und das Vertrauen für ihre Zwecke zu
missbrauchen!
„Samira,
nimm die Steine, nimm sie noch mal.“
„Zu
spät, Erid“, flüsterte Samira. Hope stupste sie an, schnüffelte dann
an den Sternen, die genau in der Mitte, zwischen Samira und Erid lagen.
„Du
musst es versuchen. Horch!“ Die Melodie der Sehnsucht erklang leise und
verschwommen aus der Ferne. Aber nicht wie sonst aus einer einzigen
Richtung, sondern von Norden, Süden, Westen, Osten, vom Himmel, aus der
Erde drangen die geliebten Töne. Als ob die Luft nur noch aus
vibrierenden Klängen bestände.
„Nein,
mein Lieber, meine Zeit ist um. Mein Ziel erreicht. Geh du zur
Strickleiter, nimm Hope und die Welpen mit, ich werde bleiben. Es ist an
dir.“
„Das
kannst du nicht von mir verlangen!“ Da fiel es Erid erst auf: woher
wusste sie von der Strickleiter? Er hatte noch nichts erzählt.
Samira
lächelte. „Ich habe sie im Stern gesehen. Für diesen Weg bin ich zu
alt, du musst allein weiter gehen.“ Sie beugte sich über Hope und grub
ihre Nase in das Fell der Wölfin. Als sie sich wieder aufrichtete,
schimmerten ihre Augen glasig. Dennoch wischte sie die Worte mit einer
Handbewegung zur Seite, zerbröselte Kräuter in den Topf, der schon mit
kochendem Wasser über dem Feuer hing. Sie stellte ihn zur Seite und
zauberte aus den Tiefen des Korbes eine Handvoll Nüsse.
„Wir
sollten uns stärken. Morgen wird ein harter Tag.“
..21.12..
© Tine
Sprandel