13. Dezember 2006

 

 

 

 

Home
Nach oben
Mitglieder
Veröffentlichungen
Schreibwerk-"zeug"
Disclaimer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach einem langen Marsch, dem roten Schimmern entgegen, hatten sie endlich ein passendes Nachtlager gefunden und sich eingerichtet.

Erid lag auf einigen nadellosen Tannenzweigen, den Kopf auf den Arm gebettet und  sah Samira zu. Das Feuer prasselte. Sie schob einen Ast ein Stück weiter ins Feuer hinein und sofort stieben knisternde Funken in den wolkenverhüllten Nachthimmel. Die Wärme fing sich in den nahen Felswänden, umhüllte Erid und machte ihn schläfrig. Sie hatten ein wenig gegessen und der Kräutertee gab zumindest das Gefühl einer Sättigung. Hope lag etwas abseits und bewachte mit aufmerksam gespitzten Ohren das Lager. Erid bewunderte Samira, die so ruhig und gelassen dasaß und nun mit ihren geschickten Fingern kleine Zweige in die kaputten Stellen seiner Schneeschuhe einflocht. Sie summte eine Melodie, die harmonisch mit den Klängen des Himmels ineinander zu fließen schien. Erid fielen die Augen zu. Bilder begannen in seinem Kopf zu wabern, vermischten sich mit Klangfetzen und ließen ihn sanft ins Reich der Träume gleiten.

Ein glockenreines Lachen ertönte und ein wirbelnder Farbenball verlangsamte sich zu einer schlanken Frau mit einem Kleid aus bunten Stoffen. Vor ihm tanzte Irin, leichtfüßig, anmutig, lachend. „Komm zu mir, Geliebter“, rief sie und ihre Augen leuchteten vor Glück. „Ich schenke dir Vertrauen!“ Sie streckte ihre Hand nach Erid aus und er wollte sie ergreifen, doch er erreichte sie nicht. Wieder lachte sie und drehte sich tanzend im Kreise. Der rote Stern an ihrem ledernen Halsband leuchtete auf. Plötzlich verwischten sich Irins Konturen, ihr Aussehen veränderte sich. „Irin, bleib!“ wollte Erid rufen, doch kein Laut verließ seine Lippen. Die Tänzerin war jetzt nicht mehr Irin, Erid sah eine unbekannte  junge Frau mit langem dunklem Haar. Ihre strahlenden Augen schienen ihm seltsam vertraut und nun lachte auch sie. Es war Samiras Lachen.

„Erid! Wach auf!“ flüsterte Samira und rüttelte ihn heftig an der Schulter. „Psst! Still“ raunte sie, als er unwillig die Augen aufschlug und zu brummeln begann. Samira sah sich prüfend um und lauschte. Alarmiert richtete Erid sich auf. „Wo ist Hope?“

„Sie ist gerade eben weggelaufen“, erklärte Samira. Sie schien erregt, aber nicht besorgt. „Sie hat sich seltsam benommen. Als sie kurz knurrte, sah ich zu ihr. Sie fixierte gespannt einen Punkt drüben am Waldrand, da wo noch das rote Leuchten zu sehen ist. Dann hat sie Witterung aufgenommen und plötzlich fing sie an zu winseln und mit der Rute zu wedeln. Und sofort ist sie losgelaufen!“

„Ich muss sie wiederfinden!“ Mit steifem Rücken rappelte sich Erid auf. „Verdammt, ist das dunkel da draußen!“ Er griff nach einem dicken brennenden Ast, dessen langes Ende aus dem Lagerfeuer ragte. „ Samira, bleib hier! Ich komme gleich zurück! Ich hoffe, dass sie noch in der Nähe ist, sonst können wir nichts tun.“

„Sei vorsichtig!“ warnte Samira, erhob aber keine Einwände.

Erid verließ den geräumigen Felsspalt und schlich mit geschärften Sinnen in die Dunkelheit. Eisiger Frost umfing ihn und sein Atem gefror in der windstillen Luft zu weißem Nebel. Die Fackel erleuchtete seine unsicheren Schritte und er lauschte gespannt. Nichts. Nur das knirschen des Schnees unter seinen Füßen.

Erschrocken fuhr er zusammen, als Hope plötzlich bellte. Es klang recht nah, auffordernd, und ein leises, beinahe zärtlich klingendes Fiepen mischte sich hinein. „Hope! Ich komm zu dir!“ rief Erid und rannte los. Hope schien etwas Vertrautes gefunden zu haben! Wie war das nur möglich, mitten in der Nacht, in dieser eisigen Wildnis?

 ..14.12..

© Ilona Hanft

 

 

 
 

 Copyright © 2005
  Stand: 15.12.2006